Thomas Eich
Der Theaterkritiker Karl Strecker nannte ihn einen „sinnig feinen Poeten“, der Schriftsteller Dr. Friedrich Castelle „ein Stück Thoma in der Dichtkunst“ (gemeint ist der Maler Hans Thoma) und der Theologe Ekkart Sauser einen „mystischen Pädagogen“, der „im Dienste der Beseelung des kulturellen Lebens“ stehe, und einen „stillen, bedeutsamen Anreger, in allem Seele und Geist zu entdecken“. Für Carl Egmont Paar zählte Sterneder „zu den liebenswürdigsten Dichterpersönlichkeiten Österreichs“ und für F. Dietrich war er ein „begnadeter Wegweiser zum Urquell aller Weisheit, Schönheit und Liebe“ und der „Lehrer und Dichter des angebrochenen Wassermann-Zeitalters“.
Hans Sterneder (1889 – 1981) war kein esoterischer Autor im heutigen Sinne, sondern ein Mystiker in der Tradition so großer Geister wie Eckhart von Hochheim – genannt Meister Eckhart – oder Jakob Böhme, dem Görlitzer Schuster, den Georg Wilhelm Friedrich Hegel den „ersten deutschen Philosophen“ nannte. Sterneder sah seine Aufgabe in der Ergründung und Vermittlung eines über alle kulturellen und religiösen Unterschiede hinausreichenden Menschheitsurwissens um den Sinn des Lebens und die Existenz Gottes.
Gleichzeitig war Sterneder aber auch Schriftsteller und Dichter, Mitglied im österreichischen P. E. N., dekoriert mit einem Professoren-Titel (1960) und ausgezeichnet mit dem höchsten Orden für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse (1976). Er verfasste Entwicklungs- und Einweihungsromane, Mysterienspiele, Tagebücher eines Besinnlichen, Vorträge und Sachbücher.
Die Anfänge
Hans Sterneders Schriftstellerkarriere begann 1921 mit seinem ersten Roman Der Bauernstudent, dem bereits ein Jahr später Der Sonnenbruder und 1924 Der Wunderapostel folgten.
Die ersten beiden Romane waren autobiographisch geprägt. Den Bauernstudent nannte Sterneder seine „Kindheits- und Jugendgeschichte (Dichtung und Wahrheit)“ und den Sonnenbruder „das Buch meiner Wanderjahre“. Mit dem Wunderapostel kam dann allerdings ein Wendepunkt im Schaffen des Dichters.
Der Wunderapostel setzte zwar die Geschichte des Sonnenbruders fort, aber statt wie bisher zu „fabulieren“ (O-Ton Sterneder) wandte er sich nun einer anderen Art der Dichtkunst zu, „nämlich dass Dichtung erfüllt sein sollte mit kosmisch-biologischem Lebenserkennen. Denn meiner Empfindung nach ist Kunst, und wenn sie noch so edel und noch so erhaben und sittlich noch so hoch ist, wohl eine unsägliche Beglückung für den Menschen, sie ist aber nicht das Letzte, was Kunst geben sollte. Denn Kunst sollte – so wie das in den Frühzeiten der Menschheit war – eigentlich dem Sakralen dienen. Sie sollte nicht nur entzücken, ergötzen, beglücken, sondern sie sollte auch Erkennen geben. Und da das letzte und höchste Erkennen der Menschheit nur das Erkennen sein kann um den Sinn des Lebens, so habe ich mich vom Wunderapostel an schon bemüht bis zum heutigen Tag und werde das immer tun: Kunst mit Erkennen zu vermählen und zu vereinen.“
Trotz dieses Umschwungs im Schaffen Sterneders ist auch Der Wunderapostel autobiographisch geprägt. Die Begegnung mit einem indischen Meister, der im Roman Wunderapostel genannt wird, hat es laut Sterneder tatsächlich gegeben. In seinem Aufsatz „Mein Weg zum Wunderapostel“ beschreibt er es so:
„In dieser Zeit höchster Seelenkämpfe trat ein Mensch in mein Leben, ein Großer der Erde, ein gewaltiger, weltüberwindender, indischer Meister, dem, wie Shakespeare sagt, Dinge zwischen Himmel und Erde offenbar waren, von denen sich unser Menschenhirn nichts träumen lässt. Und nun begannen die großen Jahre meines Lebens. Weise führte er mich in die Geheimnisse der Natur. Rätsel um Rätsel sprang auf, immer gewaltiger enthüllte sich das Geheimnis des Lebens, das keine Wissenschaft durch ihre Methode zu lösen vermag! Im ,Wunderapostel‘ ist davon soviel niedergelegt, als notwendig ist, um den Sinn des Lebens und der Schöpfung zu enthüllen.“
Natur und Kultur
Hans Sterneder wurde am 7. Februar 1889 als unehelicher Sohn eines Gutsbesitzersohnes und einer Bauernmagd in Eggendorf/Niederösterreich geboren. In der Nähe des Benediktinerstifts Göttweik erlebte er eine wechselvolle, aber glückliche Kindheit.
Zunächst lebte er bei seiner als Tagelöhnerin arbeitenden Großmutter in ärmlichen Verhältnissen. Doch was auf den ersten Blick wie ein Nachteil aussieht, wurde für Sterneder zum Fundament seines späteren Schaffens. Die dörfliche Armut hat er nie als Beeinträchtigung oder Hemmnis empfunden, sondern als Glück, da er durch sie in unmittelbarer Naturverbundenheit aufwuchs. Für ihn wurde „die ewig lebenträchtige, rätseltiefe Mutter Natur“ seine „heimliche Mutter und Lehrerin“. Er schrieb einmal: „Da meine ganze Jugend eingebettet war in Kornfelder, Wiesen, Weingärten und Wälder, war sie eine märchenhaft selige.“
Als Jugendlicher übersiedelte er dann auf das Rittergut seines reichen Großvaters. Hier eröffnete sich ihm eine ganz neue Welt nicht nur des Reichtums, sondern vor allem der Kultur, der Bücher, der Musik, der Kunst. Der Roman Der seltsame Weg des Klaus Einsiedel („meine genaue Lebensgeschichte“) vermittelt einen schönen Einblick in diesen Lebensabschnitt des Dichters. So war seine Kindheit geprägt von Natur, seine Jugend von Kultur, und es schien eine große Zukunft vor ihm zu liegen. Doch das Leben wollte es anders. In einem Manuskript anlässlich seines 70. Geburtstags schrieb er 1959 rückblickend:
„Das Schiff meines Lebens stand mit allen Segeln geschwellt zur großen, stolzen Ausfahrt ins Leben bereit.
Doch es kam so ganz anders! Ein furchtbares Schicksal zertrümmerte die Maste und Segel. Das Gut brach durch den Tod von Vater und Großeltern und teuflischen Betrug vollkommen zusammen.
Verzweifelt ging ich auf die Landstraße und irrte fast 3 Jahre durch ganz Europa. Auf diesen Wanderungen lernte ich eines Tages einen indischen Weisen kennen. Er verwandelte durch seine unzähligen Belehrungen mein stoffgebundenes, materialistisches Weltbild (das ein Wissen des Truges ist) in das kosmisch-geistige Weltbild der Wahrheit und Wirklichkeit.“
Damit war schon 1911 das Fundament für Sterneders späteres kosmisch-geistiges Schaffen als Dichter gelegt. Doch es sollte noch zehn Jahre dauern, bis sein erster Roman Der Bauernstudent seine Schriftstellerkarriere einläutete.
Nach seinen Wanderjahren wurde er zunächst auf Drängen der reichen Verwandtschaft Bahnbeamter. Doch die staubige Amtsstube war für ihn, den durch seine Wanderjahre noch mehr zum Naturliebenden Gewordenen, nur schwer zu ertragen, er fühlte sich „wie ein gefangener Adler im Käfig“.
Der Gottes-Dichter
Durch Vermittlung des populären österreichischen Schriftstellers Peter Rosegger lernte Sterneder den ehemaligen Bibliothekar der Wartburg Richard Voß kennen und sandte ihm 1912 seine erste Erzählung. Das Urteil des Bestsellerautors – sein Roman Zwei Menschen erreichte Millionenauflage und wurde später mehrfach verfilmt –: „Du bist ein Dichter und wirst bestimmt ein guter Dichter“.
Voß lud Sterneder zu sich ein und wurde sein väterlicher Freund und Förderer. Er finanzierte ihm die Ausbildung zum Volksschullehrer, und Sterneder verbrachte viel Zeit auf Voß’ Landsitz in der Nähe von Berchtesgaden – damals ein Treffpunkt von Aristokratie und Hochfinanz, aber auch ein Sammelplatz höchster Geistigkeit. Hier lernte er unter anderem Rainer Maria Rilke, Paul Heyse und Hugo von Hoffmannsthal kennen.
Sterneder wurde Lehrer in niederösterreichischen Gebirgsdörfern, und in der Beschaulichkeit dieser Dörfer entfaltete sich sein literarisches Schaffen. Über seine Berufung zum Dichter sagte er einmal: „Gott legte eines Nachts seinen Finger auf mein Herz.“ Den kreativen Prozess seines Schreibens beschrieb er so: „Ich weiß niemals, wie das Ende der Geschichte sein wird, an der ich gerade arbeite. Ich schreibe nicht, sondern es wird mit mir geschrieben.“
Doch zunächst waren Sterneders künstlerische Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt. 1916 war sein erster Roman fertig, aber niemand wollte ihn verlegen.
Erst 1921 durch Vermittlung des letzten kaiserlichen Burgtheater-Direktors Hofrat Max von Millenkovich erschien Der Bauernstudent im renommierten Leipziger L.‑Staackmann-Verlag. Staackmann hatte zu dieser Zeit viele österreichische Schriftsteller unter Vertrag, als prominentesten Peter Rosegger.
Sterneders Werke fanden Anfang der 20er Jahre schnell ihre Lesergemeinde. Er erhielt vom österreichischen Staat eine Ehrenpensionierung, publizierte bis 1938 zehn Bücher und war ein anerkannter und angesehener, wenn aufgrund seiner spirituellen Ausrichtung auch nicht unumstrittener Schriftsteller. Aber gerade dieser geistige Gehalt seiner Bücher brachte ihm eine große und begeisterte Lesergemeinde ein. So beschrieb er die Resonanz auf den Wunderapostel 1959:
„Das Buch hatte einen Riesenerfolg bei allen Menschen, die nach dem Sinn des Lebens forschen. Eine Flut von Briefen aus allen fünf Erdteilen, von allen sozialen Ständen, allen Bildungsgraden, allen Altersstufen. Jubelnde Zustimmung aus Mexiko, Peru, Chile, Brasilien, Paraguay, Nordamerika bis Kanada; Missionare aus China schrieben; indische Fürstinnen, japanische Studenten, Plantagenbesitzer aus Bali, Kapitäne großer Schiffslinien, Ingenieure, Priester, Lehrer, Bauern, Arbeiter. Die greise Fürstin Erbach-Schönberg, die Prinzessin Stollberg-Wernigerode, die Gräfin Schwerin luden mich auf ihre Schlösser ein. Unzählige wertvollster Freundschaften knüpften sich an. Die Kette der Besuche aus aller Welt riss nicht mehr ab. Weit über 60.000 Briefe brachte mir dieses eine Buch bis zum heutigen Tage ein. Und die Briefe nehmen auf dieses und die kommenden Bücher kein Ende.“
Kerkerhaft und Neuanfang
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde Sterneders öffentliches Schaffen zunehmend eingeschränkt. Ihm wurde der Vorwurf des „Okkultismus“ gemacht, und obwohl 1941/42 in Wien zwei Dissertationen über sein Leben und Werk erarbeitet wurden, die diesen Vorwurf entkräften sollten, wurde er 1944 von der Gestapo inhaftiert und eingekerkert. Im gleichen Jahr wurde der Staackmann-Verlag durch einen Bombenangriff zerstört und mit ihm Sterneders Lebenswerk.
Nach dem Krieg musste Hans Sterneder sich eine neue Existenz aufbauen. Nach seiner Befreiung aus der Gestapo-Haft kam aber erst mal eine für ihn sehr bittere Zeit. Viele Jahre konnte er, durch die Kerkerhaft gesundheitlich geschwächt, gar nicht oder nur sehr eingeschränkt schaffen, und erst nach und nach gelang es ihm, seine Bücher neu aufzulegen.
Als 1956 sein erstes Nachkriegsbuch erschien, lag seine letzte Buchveröffentlichung bereits 18 Jahre zurück. Obwohl in der Folgezeit mit Tierkreisgeheimnis und Menschenleben, Die große Verwandlung und Also spricht die Cheops-Pyramide wahre Meisterwerke spiritueller Einweihungsliteratur entstanden, konnte Sterneder nie an seine Erfolge der 1920er und 1930er Jahre anknüpfen. Seine Bücher fanden nur noch Platz in esoterischen Verlagen und spielten im Literaturbetrieb kaum eine Rolle.
Hans Sterneder starb am 24. März 1981 in Bregenz. Die Vorarlberger Nachrichten schrieben am 31. März in einem Nachruf: „Bis zuletzt schrieb er und nahm lebhaften Anteil am Tagesgeschehen und ganz besonders am kulturellen Leben. Der Tod Sterneders hat in Bregenz eine Lücke hinterlassen, wo der freundliche alte Herr mit den wachsamen Augen, die alles aufmerksam zu registrieren schienen, über drei Jahrzehnte lang zum vertrauten Bild der Stadt gehörte.“
Menschheitsurwissen und Tierkreis
Neben dem Erfolgsroman Der Wunderapostel, der 1993 fürs Kino verfilmt wurde, zählt Sterneders großes 500-Seiten-Buch Tierkreisgeheimnis und Menschenleben“ – in der ersten Auflage 1956 unter dem Titel Schlüssel zum Tierkreisgeheimnis und Menschenleben erschienen – zum Hauptwerk des Dichters.
Mit der Arbeit an diesem Buch hat Sterneder sich nach dem Krieg „der Ergründung und Enträtselung des ältesten und universellsten Geistgutes der Menschheit zugewendet, das tatsächlich die ganze Erdkugel umspannt und das Wissen aller alten Kulturvölker der Menschheit war: nämlich dem Tierkreis.“
Jenseits von Astrologie und Horoskopen ergründete Sterneder in einzigartiger Weise das im Tierkreis verborgene „Menscheitsurwissen“, wie er es nannte. Indem er mit dem pflanzlichen Leben beginnt und die zwölf Tierkreisstufen im Jahresweg der Pflanzen beleuchtet, es dann auf Tiere und Menschen überträgt und erweitert, kommt er schließlich zu einer Beleuchtung des geistigen Entwicklungsweges des Menschen, wie ihn wohl nur wenige vor ihm erfasst und enthüllt haben. Und das Ganze „so populär geschrieben, dass es jeder Mensch mühelos verstehen kann“.
Der Weg
In seinem wahrscheinlich um 1950 verfassten Manuskript Bericht über mein Schaffen und meine Entdeckungen schreibt Sterneder über seine Motivation und das Ziel seines künstlerischen Schaffens:
„Die Bücher, die durch Jahrhunderte über das kosmische Geist-Wissen geschrieben worden sind, sind Legion! Unendlich viele dieser Bücher sind flüchtig, oberflächlich und seicht. Sehr viele sind verschleiert, verborgen und zu schwer, so wie die Werke des Giganten Paracelsus. Und viele andere wieder sind derart abstrakt, oder trocken gelehrt, dass die breite Masse an sie nicht herankann.
Und fast jedes dieser Werke bringt nur einen kleineren oder größeren Teil dieser Materie.
Keines aber bringt das Wichtigste: jene Auszüge und Zusammenstellungen aus dem riesenhaften Ur-Schatz, die klar, geballt und lückenlos das ergeben würden, was ich ‚den WEG‘ nennen möchte.
Jenen Weg, den jeder lichtsuchende Mensch klar und lückenlos gehen kann, um am Ende ein sehender, wissender, bewusst lebender, kosmischer Mensch zu werden.
Diese Werke müssen aus der unausschöpfbaren Fülle der Materie streng gesichtet das herausheben, was das ‚Urgerüst‘ dieses kosmischen Weltwissens ist und somit den ‚Weg‘, also das Erkenntnisgut für die innere Entwicklung zum kosmisch-geistigen Menschen liefert.
Der Leser muss durch diese Werke das erhalten, was man bei den alten Kulturvölkern den ‚EINWEIHUNGSWEG‘ der Priesterschulen nannte. Zu diesem Zwecke darf die Darstellung nicht in abstrakter, wissenschaftlich-trockener Form erfolgen, sondern muss mit den Mitteln der dichterischen Sprache und der Popularität geoffenbart werden.“
Zwölf Stufen zur Meisterschaft
Wie dieser Weg aussieht, hat Sterneder in viele seiner Bücher hineingeschrieben. Am ausführlichsten in seinem großen Tierkreiswerk. Auch wenn es den 500-seitigen Ausführungen Sterneders nicht gerecht werden kann und seine Gedankentiefe sehr verkürzt und verknappt, soll hier zum Abschluss eine kurze Zusammenfassung den zwölfstufigen Weg menschlicher Entwicklung und Spiritualität nach Sterneder verdeutlichen:
So wie der Tierkreis im Jahresring am Frühlingspunkt mit dem Sternzeichen Widder und der Geburt des pflanzlichen Lebens beginnt, so beginnt laut Sterneder auch der geistige Entwicklungsweg des Menschen im Tierkreisfeld Widder mit der Ichbezogenheit der Geburt und dem aus ihr sich verhärtenden Egoismus. In der zweiten Stufe des zu Boden geneigten Stieres erkaltet der Mensch und sinkt in die Tiefen des Materialismus. Erst mit der dritten Stufe im Tierkreiszeichen Zwillinge beginnt sein Erwachen, kommt das Ahnen, dass es neben der Materie auch ein Reich des Geistes gibt. Die vierte Stufe des rückwärtsgewandten Krebses führt den Strebenden dann nach Innen und damit vom Ahnen zum Wissen. Auf der fünften Stufe schmiedet er als kraftstrotzender Löwe das Schwert seiner Willenskraft, mit dem er auf der sechsten Stufe die Leidenschaften und Begierden aus seiner Brust vertreibt, den Versuchungen der Welt widersteht und sich die Reinheit der Jungfrau erringt.
Auf der siebten Stufe im Tierkreisfeld Waage erlebt der Mensch eine Phase des inneren Friedens. Sein Streben erlahmt, und er will für immer in diesem Glück verharren. Doch auf der achten Stufe reißt der Skorpion ihn heraus aus dem paradiesischen Zustand und stößt ihn zurück in die Fänge der stärksten aller irdischen Kräfte: der stofflichen Lust des Geschlechtstriebes. Er lässt sich fallen, sein Willensschwert zerbricht und er gibt sich ganz dem Rausch hin. Auf der neunten Stufe, im Tierkreiszeichen Schütze, rafft der Mensch sich wieder auf, schmiedet das zerbrochene Schwert neu und ringt die irdische Lust in sich nieder. In der Einsamkeit des Steinbocks kämpft er sich empor, besiegt auch die letzte Anziehungskraft des Stoffes und lässt alle irdischen Fesseln hinter sich. Sein ganzes Streben gilt nur noch dem Geist, und auf der elften Stufe des Wassermanns erringt er sich endgültig das geistige Reich. Er hat sich bei lebendigem Leibe von allem Irdischen gelöst und sich ganz vergeistigt. Auf der letzten und 12. Stufe im Tierkreisfeld Fische schreitet er durch das goldene Tor der Verwandlung und vollendet seinen Weg in der Meisterschaft des Lebens.
Thomas Eich M.A., der Verfasser dieses Beitrags, beschäftigt sich seit vier Jahrzehnten mit den Werken Hans Sterneders. Er ist Autor zahlreicher Schriften, darunter das Buch Hans Sterneder Dichter und Mystiker und der spirituelle Abenteuerroman Kampf um den Garten Gottes. Thomas Eich trat auch als Filmemacher hervor. 1989 spielte er die Hauptrolle in einer Aufführung von Sterneders Mysterienspiel Die große Verwandlung und kurz darauf eine Schlüsselrolle in dem Kinofilm Der Wunderapostel. 2007 gründete Thomas Eich den Eich-Verlag, um das Werk Hans Sterneders wieder zugänglich zu machen.
Weitere Informationen:
Zum Film Der Wunderapostel
Zum Eich-Verlag