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Nachgefragt bei Peter Riedl

Wer sich in Deutschland und Österreich für den Buddhismus interessiert, ist mit höchster Wahrscheinlichkeit seinem Namen und Wirken begegnet: Peter Riedl, 1943 in Hannover geboren, ist Facharzt für Radiologie und als solcher Professor der Universität Wien. Neben? seiner medizinischen Tätigkeit wurde er durch vielfältige buddhistische Aktivitäten und Veröffentlichungen bekannt.

1991 gründete Peter Riedl die Zeitschrift Ursache&Wirkung, heute Ursache\Wirkung, die er bis 2019 herausgab. Viele Menschen wurden durch dieses Magazin, das immer wieder Aktuelles aufgriff, mit Themen der Spiritualität vertraut und zu einem bewussteren Leben angeregt.

Seit Jahrzehnten leitet Peter Riedl Meditations- und Achtsamkeitsseminare. „Der spirituelle Pfad,“ ist er überzeugt, „hat ein einziges Ziel: Die Entwicklung einer reifen, liebevollen, gelassenen Persönlichkeit.“ Von 2002 bis 2006 war Peter Riedl der Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft.

Es liegt ihm an einer der Gegenwart angemessenen Darstellung des Essenziellen der Lehren des Buddha. „Das nämlich“ sagt Peter Riedl „ist im Laufe der Zeit teilweise verloren gegangen. Dafür habe ich 40 Jahre die Methoden buddhistischen Geistestrainings, Meditation, Achtsamkeit, Untersuchung und Anstrengung angewendet, weiterentwickelt und anhand alter Lehrtexte überprüft. Meine mit diesen Methoden gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse sind in das Ergebnis eingeflossen. Nicht überprüfbare Glaubensinhalte und esoterische Sichtweisen, wie die Wiedergeburt, Geisterglaube und ähnliche habe ich neu gedeutet.“

Im Rahmen der von ihm 2004 gegründeten Wiener Schule der offenen Meditation, kurz W.I.S.D.O.M., gibt Peter Riedl seine Einsichten weiter. Hier geht es ihm um Konzentration und klares Bewusstsein, das Richten der Aufmerksamkeit nach innen, ein wertfreies und vorurteilsloses Erkennen sowie das stete Bemühen, die Übung gelingen zu lassen.

Unter den Veröffentlichungen Peter Riedls seien folgende Bücher genannt: Auf ins Nirvana – Gespräche über Buddhismus (2003), Möge die Übung gelingen (2016), Achtsamkeit und Sexualität (2017), Schlüssel zur Gelassenheit (2018), Ein Weg in die Freiheit (2021).

Was beschäftigt Sie gerade?

Die Gründung eines Meditations- Yoga- und Urlaubszentrums in Kastri auf der griechischen Halbinsel Pelion und die Fertigstellung meines neuen Buches Das Geheimnis der Achtsamkeit.

An welchem Ort wären Sie jetzt am liebsten?

Da, wo ich bin. Wo sonst? Sonst wäre ich ja dort.

Sehen Sie eine vordringliche Aufgabe in Ihrem Leben?

Eine verständliche und realistische Interpretation des Buddhismus jenseits von Religion und Esoterik.

Hat ein Buch Sie geprägt, erschüttert oder Ihr Denken und Tun beeinflusst?

Mehrere. Mit 12 das Tagebuch eines Bösen Buben, Metta Victoria Fuller Victor. Mit 18 die Galgenlieder von Christian Morgenstern und Balladen von Francois Villon. Mit 42 Tantra, Reigen der Vollkommenen Lust von Ashley Thirleby und Frei Sein von Jiddhu Krishnamurti.

Welche Musik spielt in Ihrem Leben eine Rolle?

Johnny B. Good, Chuck Berry. Marbles, Carlos Santana und Buddy Miles. Jaran Friends, Ahura, Musik der Sufis.

Gibt es Menschen, die Sie als Vorbilder sehen?

Immer wieder. Menschen, die ihr schweres Schicksal ertragen. Menschen, die sich zeigen, wie sie sind. In Österreich hatten wir einen arrivierten Journalisten, Günther Nenning, der demonstrierte für den Erhalt der Donauauen mit einem Hirschgeweih. Das hat mir gefallen. Er war in zwei Welten zu Hause.

Was bedeutet Ihnen die Bildende Kunst?

Viel. Ganz besonders Baukunst und Architektur.

Welches historische Ereignis ragt aus Ihrer Sicht besonders heraus?

Der 2. Weltkrieg. Durch ihn haben meine Familie und somit auch ich viel Leid erlebt, eine große Traumatisierung. Und der Aufbruch 1968. Dort hat bei mir der Ausweg in eine neue Lebensrichtung begonnen. Also Niedergang und Aufstieg.

Gibt es Werte, die wir bewahren sollten?

Demokratie und Humanismus.

Was wollen Sie abschaffen oder verändern?

Diktatur und politischen Irrsinn.  Illusionäre religiöse Dogmen.

Hat das Leben einen Sinn?

Klar, aber bitte ohne Leiden. Leiden selbst finde ich ziemlich sinnlos.

Was löst bei Ihnen der Gedanke an den Tod aus?

Puuh, das wird sicher eines der nächsten ganz großen Abenteuer und noch mehr die Zeit davor. Ich versuche mich seit Jahren darauf vorzubereiten. Jetzt, mit 80 Jahren, könnte es langsam ernst werden. Insgeheim hoffe ich natürlich, dass mir noch die Jahre vergönnt sind, in denen ich meine Projekte abschließen kann.

(Foto: Mischa Nawrata)