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Ewigkeit beginnt mit dem Vergessen

Benedikt Maria Trappen

Der saarländische bildende Künstler Christoph Maria Frisch (Tholey) hat 2021 einen Bild-Text-Band vorgelegt, in dem erstmals nicht – digital aufbereitete und veränderte – graphische Werke aus vierzig Jahren dominieren, sondern Texte, die überwiegend Tagebuchaufzeichnungen entnommen sind, und Bilder sich wechselseitig erhellen und kommentieren. Das trunkene Schiff versteht sich daher nicht als Dokumentation und Retrospektive, sondern als eigenständige Komposition, ein Projekt, das Motive verfolgt und Brücken über Jahrzehnte schlägt.

Während Frisch in früheren Jahren Bilder-Zyklen immer wieder in Anlehnung an literarische Themen konzipiert hat – Joseph und seine Brüder, Trakl, Baudelaire, Rimbaud, – fügt er nun immer wieder Bilder des portugiesischen Dichters Fernando Pessoa ein. Eine multiple Persönlichkeit, deren literarische Existenz ihn zu wundersamen Entdeckungen des Früheren im Späteren geführt hat.

Der Jugendtext „Die Nachtigall“, expressionistisch, surrealistisch und existentiell wie die autobiografischen Texte, aus denen zitiert wird, und die beigefügten Bilder, lassen den Quellgrund der Kreativität erkennen, aus dem das Werk hervorging: Erotischer Trieb, Begehren, ungebändigte Natur und Sehnsucht nach Licht, Freiheit, Ganzheit, Vollkommenheit, der „Schwärze“ vergleichbar, dem Ausgangszustand, aus dem Alchemisten „Gold“, den „Stein der Weisen“, das „Elixier der Unsterblichkeit“ zu destillieren versuchten. Nacktheit, Verhüllung, androgyne Gestalten, Tabus, mit Bändern umwickelte, gefesselte, geknebelte Figuren, Masken, die Farben Rot und Grün, Qual, Hölle und Ekstase sind wiederkehrende frühe Motive des Werks, ein Amalgan aus Narzissmus, Zorn, „titanischer Bosheit“, Zerrissenheit und „zagrescher Neugier“, aus der „Prometheus ein neues Geschlecht“ schöpfen will. Der Künstler als Alchemist, Selbstschöpfer, Weltschöpfer.

Das Werk beginnt comichaft mit der letzten Schulstunde des Jugendlichen, die den Aufbruch ins Leben anzeigt, die Fragen nach Gott, Endlichkeit und Unendlichkeit und endet comichaft: Die Seiten 3 und 4 aus Das trunkene Schiff werden vor den Augen unzähliger Zeitgenossen zerknüllt uns ins All geworfen. Ein Stern, der verglühend hell erstrahlt. Schlimm sind mir die Entscheidungen geworden. Die Verzweiflung vor den Bildern...„.  Die Schule des Lebens geht dem Ende zu. „Endlichkeit“ und „Vergänglichkeit“ sind keine bloßen Worte mehr. Der Bilderkosmos explodiert, die spärlich beleuchtete Behausung des Lebens schwebt davon.

Der Künstler – ein Supermann, Übermensch mit den Zügen Nietzsches – fliegt neuen Räumen entgegen. „Verspüre keine Angst, der unerklärliche Atem schleppt das Wunder,“ dichtet der Künstler dazu. Noch einmal erklingt die Glocke, die einst das Ende der Schulzeit angezeigt hat: „Das wars für heute. Kommt gut nach Hause,“ hieß es zu Beginn.

Am Schluss sind alle Masken abgenommen. Und die Bilanz des künstlerischen Lebens? – „Aus müder Hand so nichts aus Gold. Das trägt die Tage schwerelos.“ Ein Abschiedswerk, in dem der Künstler sich nüchtern und realistisch in kosmischer Dimension verortet. Nichts bleibt von Jahrhunderten und Jahrtausenden, nicht einmal Asche und Sternenstaub…

Das trunkene Schiff ist signiert und nummeriert nur über den Künstler zu beziehen.
XXL Format 28 x 28 cm, 74 Seiten, Hardcover, Leporellobindung, Gewicht ca. 1300 g. Limitiert auf 50 Exemplare. Nummeriert und signiert 140,00 EUR inkl. MwSt.
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