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Dichterin am Vulkan: Friederike Migneco

Dagmar Selchow

Im aufsteigenden Zeichen, so heißt ein Buch der Lyrikerin und Essayistin Friederike Migneco, das im Frühjahr 2021 in der Edition Habermann erschien. Der Band trägt als Titelbild ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert: „Blick auf Catania und den Ätna“ von Jakob Philipp Hackert. Dieses Bild wurde vom Verlag offenbar mit Bedacht gewählt: Die Familie Mignecos stammt aus der Stadt Catania, und der Ätna spielt in den Texten der Lyrikerin eine besondere Rolle. Ihre dichterische Beziehung zu diesem Vulkan stellt der Philosoph Volker Zotz in einem ausführlichen Nachwort zu diesem Band eindrucksvoll heraus. Dieses Nachwort bietet über die Texte des Buchs hinaus eine Darstellung und Analyse der Biografie und des Werks von Friederike Migneco.

Hackerts Ätna-Bild kann auch, wie Marc Thill in einer Rezension des Buchs in der Tageszeitung Luxemburger Wort vom 25. April 2021 feststellt, den Titel des Werks illustrieren. Wer weiß, mutmaßt Thill, „vielleicht verkörpert ja die in das endlose Blau des Himmels emporsteigende Rauchwolke des Vulkans genau dieses aufsteigende Zeichen.“

Den Ausdruck vom „aufsteigenden Zeichen“ führte, wie Zotz im Nachwort darlegt, André Breton in die Poetik ein – und zwar als eine Art Kontrapunkt zu der inzwischen über unser Dasein herrschenden Logik. Breton stellte dem Logischen das Analogische gegenüber, das „der Dichtung den Höhenweg in eine radikal veränderte Wirklichkeit“ öffnet.

Analogisches, Symbolisches und Metaphorisches charakterisiert das mehrsprachige lyrische Werk Mignecos, das man als einen „Tanz auf dem Vulkan“ ansprechen könnte, als Zeugnisse des pulsierenden Lebens im Angesicht der Todesgewissheit. Mignecos Schaffen fand einen ersten Höhepunkt in dem Band ich bin aus dir gemacht, den sie 2011 unter dem Namen Cayetana Caruso veröffentlichte. Dieses Werk enthält Liebesgedichte, die auch in einem spirituellen Sinn gelesen werden können, im Spannungsfeld christlicher und buddhistischer Motive. Martin Kriele urteilte damals über die Texte der Dichterin: „Ihre Liebesgedichte zaubern vielfältige Bilder vor die Augen des Lesers. In ihnen geht es um Sehnsucht, Verlassenheit, Verzweiflung, Hoffnung, Erfüllung, Leidenschaft, Verzückung – immer überraschend, anrührend und sprachlich gekonnt.“

Ebenfalls genannt sei das italienischen Buch Annonciade (2017), das auch Nachdichtungen von poetischen Texten des französischen Philosophen Maxence Caron enthält, der Mignecos Werk beeinflusste. Die in Luxemburg lebende sizilianisch-deutsche Autorin schreibt in den Sprachen Französisch, Deutsch und Italienisch. In den Texten spiegeln sich Erfahrungen eines bewegten Werdegangs in mehreren europäischen und asiatischen Ländern. Lange Zeit wohnte die Dichterin in Japan. Die Gedichte des neuen Bandes Im aufsteigenden Zeichen seien mit treffenden Worten der bereits zitierten Rezension Marc Thills charakterisiert: „Die Lyrik von Friederike Migneco ist leicht wie zierliches Geäst eines jungen Baumes. Der Leser findet darin eine angenehme Leichtigkeit, die aber dennoch gepaart ist mit kraftvoller Tiefe.“